PFLANZENDOKTOR


Hier einige Tipps wie durch Vorbeugen und gute Kulturbedingungen der Befall von Schädlingen und Krankheitserregern verhindert oder minimiert werden kann. Es geht nicht nur darum, das richtige Präperat zur richtigen Zeit, in der richtigen Menge, genügend oft zu verwenden. Besser ist es, gar kein Gift verwenden zu müssen. Es geht also um Pflege. Wer Probleme mit seinen Liebsten hat, kann mich auch kontaktieren.



Die Grundbedürfnisse


Licht, Wasser, Luft, Raum, Dünger, Erde, richtige Temperatur, Selektion, Nützlinge, Zeit und Hygiene.

LICHT


Licht ist wohl das wichtigste Grundbedürfnis unserer Kakteen.

Ohne Licht keine Fotosynthese.

Bei wenig Licht wird nur das Längenwachstum gefördert. Als Mangelerscheinung gelten Geiltrieb und glasige, hellgrüne Farbe.

Aber es gibt auch zuviel Licht. Verbrennungen können die Folge sein. Es gibt auch Kakteen wie Blossfeldia, die den Schatten mögen.

Die meisten sind aber doch Sonnenanbeter. Nur wenn sie aus der Winterruhe kommen oder eine sehr lange Schlechtwetterperiode durchmachen mussten, können sie Sonnenbrand erleiden, der unschöne Flecken hinterlässt.

Kakteen bekommen auch am Naturstandort einen Sonnenbrand. Das ist zwar unschön aber nicht wirklich eine Lebensbedrohung. In der Regel erholen sich die  Kakteen wieder, so lange man ihnen die Gelegenheit gibt.

Blossfeldia mag es schattig.

Wasser


Weniger ist oft mehr. Speziell im Sommer, wenn es heiss ist, neigt der Kakteenfreund zu viel zu giessen. Theoretisch würde es genügen, von Mai bis September nur vier mal richtig durchdringend zu giessen, wobei sich der Topfballen richtig mit Wasser sättigen soll.

In der Sommerhitze sollte möglichst nicht gegossen werden. Viele Kakteen legen dann (wie im Winter) eine Ruhepause ein und können dann gar kein Wasser aufnehmen.

Im Winter dürfen nur die wärmeliebenden angefeuchtet werden.

Wichtiger als die Wassermenge ist die Wasserqualität. An den natürlichen Standorten erhalten die Kakteen oft nur einmal im Jahr eine intensive Ladung Wasser die mit schweren Gewittern einher gehen. Gewitterregen in der Wüste ist oft leicht sauer. Unser Leitungswasser ist meist das pure Gegenteil. Kalkhaltig und leicht alkalisch kommt es aus unseren Rohren.

Wer kein Regenwasser nutzen kann, sollte sein Leitungswasser testen. Notfalls sollte mit Säuren nachgesäuert werden.

Am Naturstandort gibt es nur sehr selten Wasser. Epithelantha neomexicana

Frische Luft ist gesund


Kakteen brauchen viel frische Luft um gesund zu bleiben. Kakteen sind keine Zimmerpflanzen. Sie fühlen sich wohler an einem luftigen Platz im Freien oder einem gut gelüfteten Frühbeet oder Gewächshaus. Die Lüftungsmöglichkeiten im Gewächshaus sind oft nicht ausreichend. Beim Gewächshauskauf sollte man darauf achten, die doppelte Menge an Fenster einzurechnen, als werkseitig angeboten werden. Eine teilweise Demontage von Seitenwänden schafft das optimale Klima.

Wichtig: Auch im Winter sollte das Gewächshaus regelmässig gelüftet werden. Sobald es die Aussentemperaturen zulassen, sollten Fenster und Türen geöffnet werden. Wer sein Gewächshaus luftdicht mit Noppenfolie einpackt, riskiert unschöne verkorkungen, bakterielle infektionen und Pilzbefall.

Trotz Noppenfolie kann der automatische Fensterheber seine Aufgabe wahrnehmen.

Raum


Die meisten Kakteenfreunde kennen das. Man will alles mögliche an Gattungen und Arten haben, aber der Platz ist knapp. Wenn man dann noch daran denkt, das alles irgendwann in  grössere Töpfe umgepflanzt werden muss, gibt das einem schon zu denken. Es gibt eine einfache Regel. Wer ein Gewächshaus kaufen möchte der berechnet alle Kakteen, die er hat und alle Kakteen die er noch haben will und diese Fläche sollte dann verdoppelt werden.

Stehen die Pflanzen Topf an Topf, steigt das Risiko, eine Krankheit oder Schädlinge nicht zu bemerken, die sich dann ungehindert verbreiten können.

Düngen wie und wann


Je nach dem, mit welchem Substrat getopft wird, wird unterschiedlich gedüngt. Wer seine Pflanzen rein mineralisch kultiviert, muss mehr düngen.

Das ist dann wie Hydrokultur.

In meinen Kakteentöpfen verwende ich nur ganz selten rein mineralisches Substrat. So brauche ich erst nach dem ersten abblühen im Mai die ersten Düngergaben zu verabreichen. Dann sind auch die neuen Saugwurzeln gut ausgebildet und können die Nährsalze rasch aufnehmen.

Wird der Dünger nicht aufgenommen, verbleibt er im Substrat und kristallisiert. Einmal auskristallisiert, kann das Giesswasser den Dünger nur schlecht lösen. Die  Pflanze kann an den Wurzeln schaden nehmen. Der Dünger sollte arm an Stickstoff sein, sonst würde die Pflanze mastig und verweichlicht werden. Es kann auch die Epidermis aufreissen, was wiederum den Pilzen und Bakterien den Angriff erleichtern.

Ein gemästeter Gymnocalycium aus dem Baumarkt. Das Substrat ist Düngetorf. Es haben sich bereits Wolläuse eingenistet.

In der Regel ist es besser den Kaktus erst im Herbst zu düngen, um das Wachstum anzuregen. Im Herbst bildet der Kaktus die Areolen aus, die im Frühling die Blumen bringen.

Erde / Substrat


Diese Mammillaria wäre sicher froh um ein wenig Substrat. Es zeigt uns aber eigentlich, mit wie wenig die Kakteen am Naturstandort klar kommen können und müssen. Sie begnügen sich mit einer Felsspalte deren Inhalt an Erde wohl den kleinsten Minitopf nicht füllen könnte.

Beim Substrat gehen die Meinungen so weit auseinander, das es wohl mehr unterschiedliche Substratzusammensetzungen, wie Kakteenarten gibt.

Meiner Meinung nach spielt die Zusammensetzung eine kleinere Rolle wie die physikale Beschaffenheit. Es macht keinen Sinn, eine Substratmischung zusammenzustellen, die aus sehr vielen Komponenten besteht, die dann auch noch in den unterschiedlichsten Körnungen gemischt sind. Je unterschiedlicher die Körnung und Strukturbeschaffenheit ist, um so mehr wird sich das Substrat verdichten. Kommen dann noch Ton oder feiner Sand dazu, kann das Giesswasser nicht mehr durch das Substrat abfliessen und von den Wurzeln nicht aufgenommen werden. Ein optimales Substrat hat die Eigenschaften eines Schwamms. Es kann viel Wasser aufnehmen, sollte aber auch gut durchlässig sein. Denn je nach dem wird das Wasser angestaut oder von oben gegossen oder gesprüht.

Dieser Boden, wie ich ihn in der Sierra San Francisco BC vorgefunden habe, stellt für mich das Optimum an Lockerheit und Saugfähigkeit dar. Ich dachte mir: "Genauso sollte mein Substrat sein, das ich mir machen werde." Und so ist es heute auch. Staue ich mit Wasser an, so saugt sich das Substrat gierig mit Wasser voll. Giesse oder sprühe ich von oben wird das Wasser durchgelassen und nur ein Teil bleibt im Topf gespeichert. Ist das Substrat trocken, kann von allen Seiten Luft eindringen. Nehme ich einen Kaktus zum Umtopfen aus dem alten Topf, so fällt ein Teil des alten Substrats nach leichtem Schütteln ab und lässt sich sehr einfach wieder eintopfen.

Wer kennt sie nicht, Die Topfballen. Hart wie trocken Brot um die Wurzeln zementiert. Das gibt es mit meinem Substrat nicht, egal ob als rein mineralisch oder mit einem Anteil an Humus angereichert.

Die richtige Temperatur


Kakteen mögen die richtige Temperatur zur richtigen Zeit. Je nach Art und Herkunft kann die Mindesttemperatur von -20°C bis +12°C variieren. Solche Temperaturen sind oft nachts im Winter der Fall. Die Tagestemperaturen im Winter können in einem Gewächshaus sogar +30°C übersteigen. Und genau das ist es, was die Kakteen mögen. Die grossen Unterschiede der Tages- und Nachttemperaturen lassen den Kaktus (atmen). Auf der Haut (Epidermis) hat es viele sehr kleine von blossem Auge nicht sichtbare Spaltöffnungen. Diese sind wichtig für den Gasaustausch und die Wasserverdunstung. Je nach Jahreszeit ist die verstärkt oder eingeschränkt. Ein Schutzmechanismus um nicht zu viel Feuchtigkeit zu verlieren. Ist es heiss, bleiben diese Spaltöffnungen geschlossen. Wird es angenehm kühl, öffnen sie sich. Im Hochsommer wenn die Nachttemperatur nicht unter 20°C sinkt, bleiben diese Spaltöffnungen geschlossen. In dieser Zeit nehmen die Kakteen auch kein Wasser auf.

Die Kakteenarten der Anden leiden bei hohen Temperaturen im Sommer am meisten. Sie sind es sich durch ihre Herkunft 3-4000 m ü. M. nicht gewohnt. Obwohl sie starker Sonnenstrahlung ausgesetzt sind, geht doch immer ein kühler und rauher Wind. Darauf sollte bei der Platzierung geachtet werden.

Die meisten der Kakteen können leichte Nachtfröste überstehen, so lange das Substrat trocken ist und dem Kaktus genügend Zeit gelassen wurde, sich an das Klima zu gewöhnen. Ein Kaktus der Jahre im Wohnraum stand, kann das natürlich nicht.

Es gibt auch frostharte Arten. Sie leben ganz im Norden oder im Süden und zum Teil in hohen Lagen. Die Kultur dieser Pflanzen benötigt im Winter einen trockenen Standort und frische Luft von mindestens zwei Seiten.

Walther Haage hat die klimatischen Bedingungen in 11 Kategorien gegliedert.

In der Regel genügt es Fünf verschiedene Klimata zu imitieren.

1. Das frostige Klima +30°C bis -20°C Regengeschützt mit viel frischer Luft. Das entspricht den Nordstaaten der USA, Kanada und Patagonien.

2. Das Andenklima +30°C bis +3°C Sommerfrische, Frühbeet oder Gewächshaus  voll Sonne und gut gelüftet.

3. Das Hochlandklima +45°C bis +3°C Frühbeet oder Gewächshaus voll Sonne, entspricht dem Klima in der Atacama Wüste oder dem Hochland Mexikos.

4. Das Steppenklima +40°C bis +6°C Sommerfrische, Frühbeet oder Gewächshaus leicht schattiert, entspricht dem Klima in tieferen Lagen

Mexikos.

5. Für die wärmeliebenden Kakteen +40°C bis +10°C Gewächshaus gut isoliert, leicht schattiert und nicht ganz trocken. Entspricht Mexiko auf Meereshöhe oder östliches  Brasilien. Hierher passen auch die meisten Epiphyten.

Es gibt aber Ausnahmen. Das sind die Arten, die sich über Jahre hinweg an die Kultur angepasst haben, die ihnen geboten wird.

Die nachtblühenden Discocacteen sind eine typisch wärmeliebende Gattung.

Echinocereus reichenbachii ist eine typisch frostharte Art.

Selektion


Am Naturstandort (Wüste, Steppe) überleben von 1000 Samen vielleicht eine oder zwei Pflanzen, die erwachsen werden und selber wieder Nachkommen zeugen können.

Das nennt sich natürliche Selektion. Das gibt es in unseren Kakteensammlungen nicht. Hier müssen wir selber selektionieren.

Wenn wir säen, keimen vielleicht 8 von 10 Samen. Davon können wir 6 pikieren und erwachsen werden dann ungefähr 3 Pflanzen.

Pfropfen wir alle 8 gekeimten Sämlinge so überleben davon 7 Pflanzen, die dann auch noch schneller wachsen und blühen. 4 dieser 8 Pflanzen, sind aber nur durch Pfropfen überlebensfähig. Wo bleibt da die Selektion?

Oft werden an Kakteenbörsen genau diese überschüssigen Schwächlinge angeboten.

Es sollten aber nur die Kräftigsten überleben. Selektion ist sehr wichtig für die Gesundheit der Kakteen.

Manchmal tut es weh, sich von den Schwächeren zu trennen, aber es ist besser von Anfang an aussortieren, als unsere Gewächshäuser zu füllen.

Ich mache bei der ersten Pikierung die stärkste Selektion. Alles was kleiner als der Durchschnitt ist und nur den kleinsten Anschein von Angeschlagenheit zeigt, fliegt in die Tonne.

Nützlinge


Es geht nicht darum, Nützlinge im Internet zu bestellen. Was ich selber auch schon gemacht habe. 

Es geht darum, möglichst keine Gifte zu verwenden. Ist die Sammlung giftfrei, kommen die Nützlinge von Selbst.

Diese kleinen roten Tierchen sind beliebte Nützlinge. Im Frühling sind sie unterwegs und beleben unsere Sammlungen. Es sind rote Raubmilben die oft auch den Steingarten bevölkern. Sie stürzen sich auf alles was sich in der Sammlung bewegt. Es gibt aber noch andere Insekten die kommen wenn wir sie lassen. Spinnen, Ohrkneifer, Wespen, Flohrfliegenlarven und Marienkäfer die kostenlos in unsere Sammlungen kommen wenn wir sie lassen.

Gebt den Nützlingen die Chance in eure Sammlungen zu kommen. Lasst nachts die Türen und Fenster eurer Frühbeete und Gewächshäuser offen, lasst ein wenig Unordnung und schafft Nieschen in denen sich Nützlinge wohlfühlen können. Wenn es sich nicht vermeiden lässt, dann sollte Gift nur im äussersten Notfall und gegen Ende des Herbstes eingesetzt werden.

Es können aber noch weitere vorbeugende Massnahmen wie Luftfeuchte und Temperatur getroffen werden.

Beispiel Spinnmilben: Sie treten oft im frühen Frühling auf und sind dann den ganzen Sommer lang aktiv. Wenn ihre Spuren sichtbar werden sind sie meist schon weitergezogen und treiben ihr Unwesen an anderen Pflanzen.

So klein, dass sie von blossem Auge unsichtbar sind.

Mit einem einfachen Trick kann die Spinnmilbe fehrngehalten werden. Ab Februar die Luftfeuchtigkeit erhöhen. Ab und zu Wasser versprühen. Das hat noch eine zweite gute Nebenwirkung. Es lässt auch die Knospen spriessen.

Eine weitere Massname gegen Schaderreger ist, nicht zu warmes überwintern und regelmässig im Winter lüften. Einzelne Nachtfröste werden von den meisten Kakteen, ausser den Wärmeliebenden, gut ertragen, solange die Pflanzen trocken stehen. Im Januar darf das Thermometer auch mal wenig unter Null fallen.  Viele tropische Schädlinge wie Thrips oder weisse Fliege erfrieren bei solch tiefen Temperaturen. Durch geziehltes kalibetontes Düngen werden die Zellstruktur in den Pflanzen so gefestigt das Schädlinge wie Läuse es schwer haben, an den Pflanzen zu saugen. Zu guter letzt hilft ein Freiluftaufenthalt im Sommer um alle Schädlinge loszuwerden. Verlauste und vermilbte Pflanzen können mit der Warmwassermethode von Ungeziefer befreit werden. Die Pflanze wird samt Topf in ein Wasserbad mit 55°C getaucht und einige Sekunden ziehen gelassen. Diese Methode hilft sogar gegen Nematoden.